Dienstag, 27. Januar 2009

AGVS-Tagung

Der Autogewerbeverband Schweiz (AGVS) greift brennendes Thema auf
„Klimadebatte“ – die Herausforderung für Garagisten
Auch an der diesjährigen AGVS-Tagung im Stade de Suisse in Bern trafen sich zahlreiche Garagisten und andere Interessenten, um zu einem brennenden Thema einiges zu erfahren. Hochkarätige Referenten und eine vom TV-Moderator Urs Leuthard geleitete Diskussionsrunde standen im Mittelpunkt dieser interessanten Tagung.
Hansruedi Keller
Die Klimadebatte und die damit zusammenhängenden Probleme gehören bei den Garagisten heute zum Alltag. Deshalb bietet der Autogewerbeverband der Schweiz seinen rund 4'000 Mitgliedsfirmen nicht nur aktive Unterstützung bei der Umweltberatung der Automobilistinnen und Automobilisten, sondern mit der Tagung auch einen hoch interessanten Anlass. Zur Begrüssung sagte AGVS-Zentralpräsident Urs Wernli, der Verband lasse den Aktivitäten rund ums Thema „auch konkrete Taten folgen“. So hat der AGVS in Zusammenarbeit mit Dr. Peter de Haan von der ETH Zürich einen so genannten Umwelt-Guide entwickelt. Diese im praktischen Taschenformat gehaltene Broschüre enthält kurze Erklärungen zu rund 150 Stichwörtern sowie praxisbezogene Tipps zum Thema „Garage und Umwelt“. Aber auch in die gesamte Aus- und Weiterbildung im Autogewerbe ist das Thema verstärkt eingeflossen.
Der Präsident des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Robert Rademacher, wies in seinem Referat darauf hin, dass es „solche Turbulenzen an den Finanzmärkten, wie wir sie momentan erleben, in unserer Generation noch nie gegeben hat.“ Die Schweiz und auch Deutschland seien bisher zwar noch nicht allzu sehr betroffen, „aber wenn Spanien bei den Neuwagenverkäufen 2008 ein Minus von mehr als 20 Prozent meldet, dann ist das eine echte Krise“. Rademacher wies darauf hin, dass „in den vergangenen Jahren die Direktgeschäfte der Hersteller in Deutschland von 10 auf gegen 30 Prozent angestiegen sind – und so kann es nicht weiter gehen.“ Diese Direktgeschäfte beeinflussen das Geschäft der Garagisten in unserem nördlichen Nachbarland enorm „und werden zu einer massiven Gesundschrumpfung bei den Betrieben führen.“ Trotz allem sieht er die Zukunft nicht allzu düster, denn „die Erfahrung zeigt: Der Garagist weiss Herausforderungen zu meistern“. Zudem „bergen Krisen immer auch Chancen“, betonte Rademacher.
Tom Anliker, Vizepräsident und Generaldirektor von Kia Iberia und bis vor wenigen Monaten Chef von General Motors Schweiz, betonte in seinen Ausführungen, dass die Automobilindustrie die Sorgen der Gesellschaft ernst nehme. Er verwies auf die enorme Überkapazität und fragte sich in diesem Zusammenhang, welche Staaten wohl am meisten Steuergelder (z. B. Prämien für die Verschrottung alter Autos) zu deren Abbau locker machen werden. „Es geht unter anderem auch um Tausende von Arbeitsplätzen, die momentan in grosser Gefahr sind.“ In solchen Situationen, so Anliker, „ist die Vorstellungskraft von uns allen gefragt – und so frage ich: Können Sie sich vorstellen, dass es in Zukunft Firmen geben wird, die für alle Marken nur die Motoren herstellen, oder solche, die sich nur um Antriebsstränge kümmern, andere wiederum die nur Karosserien bauen?“ Es wäre an sich nichts Neues, so Anliker, „denn bei praktisch jedem Computer ist das Intel-System drin, und darüber wundert sich niemand.“ Noch um 1955 hätten die Automobilhersteller rund 75 Prozent aller Komponenten für ein Auto selbst produziert. 40 Jahre später waren es noch 25 Prozent – der Rest kam von Zulieferern! Deshalb könnten mit der angesprochenen Methode enorme Kosten eingespart werden.
Eine etwas andere Seite beleuchtete der Vizedirektor des Bundesamtes für Energie, Dr. Pascal Previdoli. So prognostizierte er „grundlegende Veränderungen bezüglich Einhaltung der Emissionen. Die Zeit der freiwilligen Massnahmen allein ist vorbei. Der Weg zu mehr Vorschriften bezüglich der Emissionen von Personenwagen ist vorgezeichnet.“ Er ist überzeugt, dass die Nachfrage nach emissionsarmen und energieeffizienten Fahrzeugen „vor allem im Falle von finanziellen Anreizen“ ganz enorm zunehmen wird. „Damit steigt das Informationsbedürfnis bei der Fahrzeugwahl, und hier spielt der Garagist für die Umsetzung eine immer wichtigere Rolle.“ Deshalb sei vom Bund „eine stärkere Einbindung des AGVS in diesem Zusammenhang erwünscht.“
Für den CEO der Mobiliar Versicherung, Urs Berger, ist die Zusammenarbeit mit dem Autogewerbe von enormer Bedeutung. „Die Versicherungen und das Autogewerbe sitzen im selben Boot“, sagte er und wünschte sich insbesondere einen noch intensiveren Erfahrungsaustausch „mit einem der wichtigsten Partner einer Versicherung.“ Er betonte, dass die Klima- und Verhaltungsänderungen für Versicherungen eine grosse Herausforderung sei und sie da auf die gute Zusammenarbeit mit dem Autogewerbe angewiesen sind.
Grundsätzlich waren sich alle Referenten einig, dass sich das Automobilgewerbe in der Schweiz auf eine neue Generation von Konsumenten einstellen sollte. Dazu müssen nicht nur die entsprechenden Produkte sondern auch die dazu gehörenden Dienstleistungen entwickelt und bereit gestellt werden. Zudem müsse das Autogewerbe gegenüber Automobilisten und der ganzen Gesellschaft Verantwortung übernehmen. In seinem Fazit betonte Urs Wernli aber auch, dass das Gewerbe optimistisch in die Zukunft blicken könne, denn „gute und innovative Garagisten werden auch in Zukunft gefragt sein!“

Tom Anliker

Urs Wernli